







Das Bauvorhaben ersetzt das bestehende seit fast 20 Jahren leerstehende Wohnhaus auf dem Grundstück. Dieses war in seinen Ursprüngen ein Wohn- und Wirtshaus. Die Kubatur des Gebäudes ist dementsprechend groß ausgebildet, wodurch es wiederum seiner prominenten Lage im Ortskern und an der Hauptstraße gerecht wurde. Aufgrund der schlechten Bausubstanz wird das alte, nicht denkmalgeschützte Gebäude abgerissen. Der Neubau versucht die bauliche und räumliche Situation an dieser Stelle im Sinne des Altbaus bzw. der noch früheren Bebauung des Grundstücks wiederaufzugreifen und dem Maßstab des traditionell bäuerlich geprägten Ortskerns mit seinen großen Bauernhäusern, Stall- und Scheunengebäuden gerecht zu werden. Der Hauptbaukörper steht in Nord-Süd-Richtung giebelständig zur Hauptstraße und greift somit das historisch gängige und auch heute noch dominierende Motiv der Gebäude an der Hauptstraße auf. Im Norden schließt an das Haupthaus ein schmaler Flügel an, der gemeinsam mit der neuen Garage im südlichen Bereich des Grundstücks und dem bestehenden alten Stall- und Lagergebäude an der westlichen Grundstücksgrenze den Hofraum vervollständigt. Hierdurch steht die neue bauliche Gesamtanlage in enger Verwandtschaft zur Bebauung auf dem westlichen Nachbargrundstück. In seiner Erscheinung ist das Haus jedoch viel freier in seiner Bezugnahme. Es sammelt eine Vielzahl von Motiven. Im Gegensatz zur heute gängigen Sichtweise versuchen wir das Dorf als ein Konstrukt gleichzeitiger Gültigkeit aller Zeiten und Zeitschichten zu sehen. Das sich wiederholende Motiv des liegenden, zweiteiligen Fensters, das eine Art Bindeglied für alle Fassaden darstellt, ist daher auch den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts entnommen. Auch wenn diese Zeit und ihre baulichen Äußerungen im Verdacht stehen, den Bauerndörfern ziemlich zugesetzt, ja geschadet zu haben, glauben wir nicht an ein diesbezügliches Gut und Böse. Die Spannung erhält das Haus durch die deutlich unterschiedliche Behandlung aller einzelnen Fassaden. Im Ergebnis könnte man daher die Fassaden auch fast als städtisch bezeichnen. Es gibt so etwas wie eine klare Hierarchisierung der Seiten – etwa mit der Hauptfassade zur Hauptstraße, die am schärfsten und gleichzeitig am meisten archaisch und auch am kraftvollsten ausformuliert ist mit ihren weit auseinander stehenden – symmetrisch angeordneten Kuhaugen-Fenstern. Die Ostfassade zur Nebenstraße hingegen versucht sich an einer Poesie des Nebensächlichen. Die Nordfassade mit ihrem geringen Fensteranteil ist dagegen stark kompositorisch gedacht und dabei aber eigentlich eine richtige Rückfassade. Sie gibt dem Haus Halt. Die Westfassaden zum Hof hin sind am stärksten geöffnet und versuchen das Innen und das Außen auf fast modernistische Weise zu verbinden. Der schmale Trakt in Ost-West-Richtung, den wir intern „Anbau“ nennen, lotet die Auflösung der Wand in ein Skelett aus – wobei die Pfeiler im Süden immer noch Mauerwerkspfeiler sind. Nur an seiner Westseite skizziert ein skulpturales Doppel-T aus Betonstütze und -balken echte Filigranität.
Programme 4 unit apartment building
Location Goldern
Client Daniela Fischer, Roman Vilimek
Gross floor area 600 m2
Service Lph 1-8 HOAI
Team Reem Almannai, Florian Fischer, Michael Meyer (PL), Anna Svobodová, Lou Hofmann, Matthias Retzer, Jelmer Daelman, Patrick Fromme
Duration 2015-2020